Mit Bus, Rad, Fähre und Zug nach Schweden und zurück
Reisebericht einer Radreise im Jahr 2016 von Berlin über Schweden nach Kopenhagen in Dänemark. Zug- und Schiffsreise inklusive.
Insgesamt sind wir 694 km mit dem Rad unterwegs - unsere Tagesetappen sind zwischen 60 – 100 km lang. Am Morgen starten wir gegen 9.30 Uhr und sind immer spätestens um 17 Uhr am Tagesziel. Total haben wir zu zweit 1680 € an festen Kosten wie Bus, Fähren, Zug und Übernachtungen, ohne Verpflegung und sonstigen Kosten ausgegeben. In den insgesamt 2 Wochen haben wir 2 Landes-Hauptstädte besucht und viele Eindrücke von kleinen Städten und einzigartigen Landschaften in 3 Ländern sammeln können. Wir haben nicht gedacht, dass es außerhalb unserer Heimat doch so schöne Gegenden gibt, die man unbedingt gesehen haben sollte.
21.6. Konstanz - 23.6. Berlin
An einem Samstag im Juni fahren wir mit jeweils zwei kleinen Radtaschen zu unserer ersten Etappe: mit Fernbus nach Berlin über München. Zwar dauert es 11 Stunden, aber die Fahrt ist kurzweilig und wir wissen die Räder sicher am Bus befestigt. Aus dem Bus ausgestiegen und zum Hotel, welches für die nächsten 2 Tage gebucht ist ,sollte nur einige Minuten dauern ,aber kaum in Berlin haben wir die Erste Panne: auf einem Radweg hat es sich eine Scherbe gemütlich gemacht und geht glatt durch meine unplattbaren Reifen. Auch Flickversuche auf dem Ku`damm halfen nichts – der Schnitt im Reifen ist einfach zu groß. Wir müssen warten bis Montag, um ein Radgeschäft aufzusuchen und einen neuen Reifen zu montieren.
23.6. Berlin -Fürstenwalde: Schon in zeitlichem Verzug entschließen wir uns, mit den Zug etwas außerhalb Berlins zu fahren und dann unsere Räder zu besteigen. Kühle Luft, aber schönstes Wetter begleiten uns auf dem Berlin – Kopenhagen Radweg, der uns mit gutem Belag entlang endloser Flüsse, Kanäle und durch ruhige Waldpassagen führt. Wir sehen unterwegs Wildgänse und Störche und durchfahren das Dörfchen Himmelspfort, Adresse des Weihnachtsmannes. So kommen wir gut und locker nach 85 km in Fürstenwalde an. Dort finden wir am Kanal eine gute Bleibe für diese Nacht. Dass diese auch noch ein vom ADFC empfohlenes Quartier ist mit eigenem Radabstellplatz freut uns umso mehr. Da es auch noch Idyllisch gelegen ist an einem kleinen Fluss genießen wir dort das verdiente Weißbier.
24.6. Fürstenwalde - Waren
In der Nacht hat es geregnet, aber als wir aufbrechen hört auch das auf und langsam lugt die Sonne hinter den Wolken hervor. Die Landschaft wird langsam hügeliger – was wir so nicht erwarten – aber die Umgebung lässt uns das total vergessen. Überall wird Altes entweder renoviert, zu Touristenattraktionen gemacht oder auch mal abgerissen - manchmal fühlen wir uns auch in eine andere Zeit versetzt. Der Weg wechselt mal zu einem absolut neuen, mit Knochensteinen erstellten Weg durch sandige Heidelandschaft, mal fahren wir auf sichtbar militärischem Betonweg. Es gibt lange, steinige Waldpassagen wo die Handgelenke übermäßig beansprucht werden, versinken fast in sandigen Wegen oder wir fahren entlang eines ehemaligen KZ. Endlich nach 100km erreichen wir Waren am Müritzsee, dem größten Binnensee Deutschlands. Da dies ein Kurort ist, müssen wir mit einem einfachen Zimmer aber gesalzenem Preis vorlieb nehmen. Das gute Essen und der anschließende Spaziergang durch das toll renovierte Städtchen entschädigt uns.
25.6. Waren - Biestow
War es bis hierher hügelig, wird die Landschaft langsam flacher. Jetzt kommen neue Herausforderungen in Form von gepflasterten Wegen. Aber nicht solche wie auf dem Münsterplatz zu Konstanz, nein richtige Wacken – hundert oder mehr Jahre alt und sicher für schwere Fuhrwerke optimal – für uns nur eine Tortur. Und das zwar immer nur einige Hundert Meter oder auch mal ein Kilometer, aber eben immer wieder. Umso schöner ist die Landschaft – verträumte Waldpassagen – Seen – Teiche – Flüsse, etwas Märchenhaftes hat die mecklenburgische Schweiz schon. Über Krakow geht es weiter zur Barlachstadt Güstrow und dem herrschaftlichen Schloss. Da es noch früh ist, geht es flach an einem schönen Kanal entlang weiter zu unserem heutigen Tagesziel Biestow am gleichnamigen See, welches wir gerade noch rechtzeitig vor einem heftigen Gewitter erreichen.
26.6. Biestow - Rostock
Am nächsten Tag schönstes Wetter, Sonnenschein und nur noch ein paar wenige Kilometer um rechtzeitig in Rostock anzukommen und die schöne, alte Stadt kennenzulernen. Auf dem Kirchturm im Fischerviertel hat man einen tollen Rundblick, für wadl-lahme sogar mit Aufzug! Spät am Nachmittag noch ein paar wenige Kilometer zum Fährhafen um noch in einer kleinen Beiz das heutige WM-Spiel mit unserer Mannschaft zu verfolgen, bevor wir unser Nachtquartier auf der nahegelegenen Fähre zu beziehen.
27.6. Trelleborg - Brantevik
Wir schlafen gut ohne Seegang und sind am nächsten Morgen um sechs Uhr in Trelleborg/Schweden angekommen. Hunger treibt uns in die Stadt und endlich entdecken wir eine Bäckerei und wir genießen unser Frühstück. Es ist am Morgen zwar frisch, aber die Sonne wärmt uns auf unserem Weg am Meer entlang nach Ystad. Bei einer Kaffeepause lege ich meine Überzieh -Ärmel ab und vergesse Sie sicher zu verstauen. Das rächt sich 20km später. Mitten in Ystad reißt es mir die komplette Schaltung am Hinterrad ab. Der Erste Händler verkündet, dass die Reparatur 4 Tage dauern würde, da er kein passendes Ersatzteil an Lager habe. Er weigert sich sogar einen anderen Händler zu kontaktieren, um nach dem E-Teil zu fragen! So müssen wir weiter. Nach einer Odyssee bis ins Industriegebiet finden wir endlich einen kompetenten und freundlichen Radhändler, der die Schaltung ersetzen kann. Er erzählt, dass Ihm auch schon aus einer misslichen Lage im Urlaub schnell und unkompliziert geholfen werden konnte, und so hilft auch Er Radfahrern in Not. Während der Wartezeit können wir auch das schöne Wallander-Städtchen mit einem Leihrad besichtigen. Da es trotzdem spät geworden ist und wir eine Unterkunft im 50km entfernten Brantevik bei Sölvesborg schon gebucht haben geht es per Zug dorthin.
28.6.: Einige Kilometer Ausflugfahrt rund um Brantevik
An der Ostsee entlang zu einem kleinen Fischerdörfchen zu einem süßen kleine Café im früheren Pfarrhaus und ins Landesinnere, wo es laut Karte ein Schloss zu besichtigen gibt. Bei schönstem Wetter retour zur Jugendherberge, in Schweden Vandrarhem genannt. Eigentlich ist das keine JH wie wir angenommen hatten, sondern ein ehemaliges Bauernhaus, mit Doppelzimmer und Waschgelegenheit und Gemeinschaftsduschen. Alle unsere gebuchten Herbergen sind nach diesem Muster aufgebaut. Der Kosten wegen rentiert sich aber die Mitgliedschaft im Deutschen Jugendherbergswerk schon ab 3 Übernachtungen.
29.6. Brantevik - Hörby
Der Morgen begrüßt uns mit etwas Feuchtigkeit von oben, was sich im Laufe des Tages in ausgewachsenen und dauerhaften Landregen verwandelt. Trotz Regenkleidung doch langsam durchgeweicht finden wir mitten im Nirgendwo ein Thairestaurant, welches uns aufnimmt. Wir schälen uns aus unseren Klamotten und genießen eine leckere Tom Kha Gai Suppe. Das Lokal ist bei unserem Eintreffen rappelvoll und so ergeben sich Gespräche woher wir denn bei diesem Wetter kommen. Für den Auto gewöhnten Schweden recht ungewöhnlich mit dem Rad über Land zu fahren, und das auch noch bei dem Regen!
30.6. rund um Hörby
Ausflüge mit Rad und zu Fuß rund um Hörby zum nahegelegenen See. Am See eine Storchenaufzuchtstation mit mindestens 50 Vögeln. Diese werden beizeiten freigelassen um sich dem Vogelzug anschließen zu können. Leider ist unser Vandrarhem deutlich außerhalb des Städtchens, so bereiten wir unser Abendessen dort vor und unterstützen die Deutsche Mannschaft feucht-verbal bei Ihrem WM-Spiel.
1.7. Hörby - Helsinborg
Frühmorgens begrüßt uns die Sonne und begleitet uns den ganzen Weg bis Helsingör. Über sanfte Hügel, vorbei an einer alten, leider stillgelegten Windmühle, oder an einem eindrucksvollen Schloss mitten im nirgendwo reisen wir heute durch das schöne schwedische Land. Über Nebenstrassen mit wenig Verkehr und nach überqueren einer radfeindlichen Hauptstrasse erreichen wir unser heutiges Ziel wieder direkt an das Meer, nur diesmal die Nordsee. Das von uns reservierte Vandrahem Miatorp entpuppt sich eher als Hotel denn als JH und ist das komfortabelste auf unserer Reise durch Südschweden.
2.7. Helsinborg - Kopenhagen
Mit der Fähre in 30 min nach Dänemark. Am Öresund entlang, mal näher, mal weiter vom Meer weg aber immer durch sichtlich wohlhabende Gegenden erreichen wir schon am frühen Nachmittag unser Endziel Kopenhagen ,wo wir die nächsten Tage verbringen werden. Was sofort auffällt: Kopenhagen hat ein sauber strukturiertes Radwegenetz. Radler sind mindestens gleichberechtigt, in der Innenstadt sogar bevorrechtigt. Man fühlt sich als vermeintlich schwacher Verkehrsteilnehmer wirklich willkommen und Ernst genommen. So sollte Rad-Verkehrspolitik ausschauen. Alle unsere Lokalpolitiker sollten einmal ein paar Tage ohne Auto dort verbringen - es würde bei uns sicher vieles in kurzer Zeit verbessert werden. Aber auch als Fußgänger oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Kopenhagen eine wirklich schöne und interessante Stadt. Es gibt sehr viel kulturelles und historisches zu sehen und ist sicher ein paar Tage Urlaub Wert.
4.7. Nachtzug nach Konstanz
Schlafend nach Hause - schon mehrere Reisen haben so begonnen oder geendet. Gerade bei langen Strecken finden wir das eine komfortable Art von A nach B zu kommen. Leider müssen wir von einem Zugbegleiter erfahren, dass die Nachtzüge mit Schlafmöglichkeiten wegen zu hoher Kosten sukzessive eingestellt werden. Eigentlich unglaublich wenn man erlebt, wie voll der Zug ist und wie lange vorher wir buchen mussten um Radplätze zu bekommen. Die Bahn versucht wirklich alles um unnötig zu werden.........